Benedict Wells: Das Ende der Einsamkeit
Eine fesselnde Geschichte über das Verlorensein, das Erwachsenwerden und die Aneignung des eigenen Lebens.
Zugegeben, ich habe das Buch zur Hand genommen, weil ich wissen wollte, wie ein so junger Diogenes Autor schreibt. Ich war eher skeptisch, erwartete etwas dick Aufgetragenes wie bei Joël Dickers Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert, das ich mit wachsender Verärgerung gelesen habe. Stattdessen entdeckte ich ein subtiles und leises Buch, präzis und ergreifend ehrlich geschrieben. Es verzichtet auf Stilexperimente und vertraut allein auf gutes erzählerisches Handwerk.
Eine Geschichte mit gutem Ende
Der Plot ist schnell erzählt: Drei Kinder verlieren bei einem Autounfall ihre Eltern und kämpfen dann ihren Weg zurück ins Leben. Jeder so wie er oder sie kann. Das dauert. Aber irgendwann gelingt es allen, ein Leben zu leben, das nicht mehr vom frühen Verlust bestimmt wird.
Das Heranwachsen der drei Geschwister wird aus der Sicht des Jüngsten geschildert. Und zwar so, dass die Geschichte in der Leserin sofort lebendig wird. Der Autor beschreibt gerade so viel, dass die Empathie für die Protagonisten ins Schwingen kommt und man dem kleinen Jules ganz nahe auf seinem Lebensweg folgen will.
Mir gefiel Wells Sprache. Seine oft etwas lakonischen Sätze, in denen immer auch etwas Ungeschliffenes und Sperriges steckt, haben mich unmittelbar berührt. Dass er es wagt, seine Gesichte gut und versöhnlich enden zu lassen ringt mir Respekt ab. Da war ein Könner am Werk.
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